Rückkehr nach Hamburg: Ein emotionaler Besuch zwischen Erinnerung und Neuanfang

Rückkehr nach Hamburg: Ein emotionaler Besuch zwischen Erinnerung und Neuanfang
Claudio Silberberg kehrte kürzlich zum zweiten Mal im Rahmen des Hamburger Besucherprogramms für jüdische ehemalige Bewohner in die Stadt zurück. Die seit 1965 bestehende Initiative bringt Nachkommen jener zusammen, die während der NS-Zeit zur Flucht gezwungen wurden. Für Silberberg hatte die Reise eine tief persönliche Bedeutung – seine Familie lebte einst in Hamburg, bevor sie 1936 nach Brasilien auswanderte.
Das vom Hamburger Ministerium für Kultur und Medien organisierte Programm findet jeden Sommer statt. Teilnehmer aus aller Welt reisen an, um sich mit ihren Wurzeln zu verbinden. Innerhalb von sieben Tagen besuchen sie Schulbegegnungen, nehmen an Führungen teil und erkunden Orte, die mit ihrer Familiengeschichte verknüpft sind – manche spüren sogar ehemalige Wohnhäuser oder Gräber auf.
Ein besonders bewegender Moment während Silberbergs Besuch war die Enthüllung einer Gedenktafel am früheren Wohnhaus seiner Familie in Hamburg-Blankenese. Er beschrieb das Erlebnis als ambivalent, geprägt von Freude und Trauer, blieb aber entschlossen, nach vorne zu blicken. Nicht alle Nachkommen entscheiden sich für eine Teilnahme. Manche lehnen aus Angst vor den nachwirkenden Traumata ihrer Eltern oder aus persönlichen Vorbehalten ab. Für diejenigen, die kommen, koordiniert die Forschungsstelle für Zeitgeschichte Hamburg (FZH) seit 15 Jahren die Begegnungen – mit wachsender Beteiligung der zweiten und dritten Generation in den letzten Jahren.
Die Historikerin Sabine Brunotte, die beim Stolperstein-Projekt mitwirkt, unterstützt das Programm, indem sie das Leben deportierter und ermordeter Hamburger recherchiert. Sie begleitet die Besucher zu Gedenkstätten und hilft ihnen, fragmentarische Familiengeschichten zu rekonstruieren.
Das Besucherprogramm schafft weiterhin Brücken zwischen den Generationen und gibt Nachkommen wie Silberberg die Möglichkeit, verlorene Verbindungen wiederherzustellen. Durch Gedenktafeln, geführte Besuche und geteilte Geschichten ehrt Hamburg diejenigen, die vom NS-Regime vertrieben wurden. Die Initiative bleibt ein stilles, aber nachhaltiges Unterfangen, das Erinnerung bewahrt und Verständnis fördert.